Kirchenfenster „Himmlisches Licht“ der Abteikirche Tholey

Weihnachten feiert ein Ereignis, das sich auf wunderbare Weise allen Erfahrungen und Erwartungen unserer Welt widersetzt: Das Endliche nimmt das Unendliche auf. Gott wird Mensch. Eine Macht, deren Größe wir nicht fassen können, wird in einem Kleinkind berührbar. Und nicht nur das: Wer an diesem Wunder teilhaben will, darf nicht in den Palästen der Mächtigen danach suchen, sondern findet es am Rande der Gesellschaft. Bei einer jungen, verunsicherten Familie, die in der Fremde nur einen Stall angeboten bekam, um dort die Nacht zu verbringen – und das Kind zur Welt zu bringen; umgeben von Vieh und mit Hirten als ersten Besuchern.

Sich den Erfahrungen und Erwartungen unserer Welt zu widersetzen, liegt deshalb im Wesen des Christentums: Wo es Dunkel ist, bringt Licht! Wo Gewalt herrscht, stiftet Frieden! Wo Menschen einsam sind, lebt Gemeinschaft! Wenn jemand den Weg verloren hat, nehmt ihn bei der Hand!

Diese Botschaft erzählt auch das „Weihnachtsfenster“ in der Abteikirche St. Mauritius in Tholey. 634 erstmals urkundlich erwähnt, liegt dort das älteste Kloster Deutschlands. Die deutsch-afghanische Künsterlin Mahbuba Maqsoodi gestaltete das Fenster, aus dem die Marke einen Ausschnitt zeigt, zusammen mit weiteren 28 Fenstern. So, wie in dem biblischen Bericht von der Geburt Jesu jedes Detail durchdacht ist, so war es der Künstlerin wichtig, auch in ihrer Darstellung keine Kompromisse einzugehen. Jeder Farbton musste stimmen, um diese große Erzählung ins rechte Licht zu setzen.

Zusammen mit drei Fenstern von Gerhard Richter gelingt es der farbmächtigen Glaskunst von Maqsoodi nicht nur, historische Architektur und Ästhetik des 21. Jahrhunderts miteinander ins Gespräch zu bringen und dabei dem Betrachter einen ganz neuen Blick auf die biblischen Geschichten zu ermöglichen. Auch für die Abtei selbst bedeutete der Einbau in den Jahren 2019-21 eine Art neuer Geburt: Schon fast aufgegeben, ist die Abtei heute nicht nur ein Wallfahrtsort für Gläubige, sondern auch eine Pilgerstätte für Kunstliebhaber.

Text: Oberkirchenrat Dr. Patrick Roger Schnabel, Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)